Früh morgens klopft es an der Tür meines Krankenhauszimmers. Ich werde abgeholt. Es geht los. Während ich im Bett liegend durch die langen Gänge geschoben werde, fahren meine Gefühle Achterbahn. Im Operationssaal angekommen, stellen sich unzählige in Blau, Grün und Weiß vermummte Damen und Herren bei mir vor. Es wuselt wie im Ameisenhaufen. Schnell darf ich mich noch von meinem Lebensgefährten verabschieden.

Auf den Op-Tisch geschnallt, die Narkosemaske angesetzt, 3 mal tief einatmen. Stille.

Mit Fotos meines Sohnes auf meiner Brust, komme ich im Aufwachraum zu mir. Ich kämpfe mit Benommenheit, Übelkeit, Müdigkeit und Schmerzen. Ich zwinge mich so schnell wie möglich zu mir zu kommen. Ich möchte zu meinem Baby.

Und dann der Moment als ich ins Zimmer geschoben werde. Da steht mein zukünftiger Mann – in seinen Armen ein kleines Bündel – unser Kind. Unser Sohn. Ein Bündel voller Glück, Liebe und unendlicher Dankbarkeit.

Sanft legt er mir dieses Bündel auf die Brust und alles was ich fühle ist Glückseligkeit. Innerer Frieden. Die Zeit steht still. Liebe, einfach nur Liebe.

Am Tag zuvor habe ich im Krankenhaus eingecheckt. Viele Gespräche mit Ärztinnen und Ärzten folgten. Es war ein geplanter Kaiserschnitt. Dass mein Kaiserschnitt dann schlussendlich mit einer Vollnarkose durchgeführt wurde, war aufgrund meiner hohen Querschnittslähmung der sicherere Weg für alle Beteiligten. Zu Hoch das Risiko für Komplikationen, zu gering die Erfahrungswerte mit Ausgangssituationen wie den meinen. Doch war ich etwas traurig darüber, da ich die Geburt gerne bewusst erlebt hätte. Glücklicherweise ist die Operation komplikationslos und schnell verlaufen.

Unser Sohn hat an einem sonnigen Wintermorgen das Licht der Welt erblickt.

Tina Hötzendorfer Baby

Die folgenden Tage im Krankenhaus waren eine Herausforderung. Noch nie hatte ich solche Schmerzen. Selten war ich der Verzweiflung so nahe. Mein Körper rebellierte. Ich spürte mich nicht mehr.

Alles was ich in den letzten Jahren seit meinem Unfall gelernt hatte zuzuordnen, war verloren. Ich konnte vorher jedes Zwicken, jeden Schmerz, jedes Unwohlsein und jedes Gefühl zuordnen. Mein Körper und ich waren eine Einheit. Jedes Signal, das er mir gab, war für mich verständlich.

Dann war da nur noch Chaos. Und Schmerz. Gegipfelt hat das alles dann in einer Autonomen Dysreflexie. Der Alptraum eines jeden Menschen mit einer Querschnittslähmung im Bereich der Halswirbelsäule. Es war lebensbedrohlich.

Und dann war da noch mein Sohn. Als ob er es gewusst hätte, war er in diesen Tagen im Krankenhaus einfach nur unglaublich. Er hat eine Ruhe ausgestrahlt, eine Zufriedenheit. Als wollte er zeigen: „Mama, alles wird gut!“

Und mein Sohn hatte recht. Jetzt ist alles gut!

Zu Hause angekommen ging es mir jeden Tag besser. Mein Körpergefühl kehrte zurück. Die Verzweiflung, die Panik, die Angst, die Kraftlosigkeit. Sie wichen.

Was blieb ist Liebe. Reine, bedingungslose und unbändige Mutterliebe.

Tina Hötzendorfer Baby

Rollin'Art Admin
Getaggt: Mamaleben